Glaubenssache

Kirchenkreis Burgdorf, 15. März 2025
Foto: Boris Bartkowski

Verzichten ist kinderleicht

„Also ich verzichte auf Bäume klettern.“ So sagte es mir meine 5jährige Tochter vor wenigen Tagen und fragte mich: „Fallen dir noch andere Dinge ein, auf die man verzichten kann?“ Nachdem ich etwas auf dem Schlauch stand und nicht genau wusste, was sie meinte, ging mir ein Licht auf. Natürlich! Im evangelischen Kindergarten, den sie besucht, wurde über die beginnende Fastenzeit gesprochen. Sicherlich wurden die Kinder von den Erzieherinnen dabei auch gefragt, worauf sie verzichten können.

„Naja“ begann ich daraufhin meinen Vortrag. „Verzichten ist meist etwas, das einem nicht so leicht fällt. Wie wäre es daher, wenn du in nächster Zeit etwas mehr darauf verzichtest, deinen kleinen Bruder zu ärgern? Wenn du dich dafür öfter mit ihm verträgst und lieb zu ihm bist?“ Doch so leicht, wie ich zunächst dachte, klärte sich ihre Frage nicht. Denn meine Tochter antwortete mir: „Nein, ich mein doch nicht mich, ich meine worauf DU verzichten kannst?“ Ertappt. Oft bin ich der Experte, wenn es um Probleme und Herausforderungen anderer geht. Meine eigenen Baustellen nehme ich hingegen selten und ungern in den Blick.

Jetzt ist Fastenzeit. Das heißt es geht es ums Verzichten. Warum also nicht einfach die belehrende Ansprache lassen, den Blick zu den Fehlern anderer? Direkt und ohne Umwege bei mir selbst anfangen? Die Zeit vor Ostern ist schließlich die Zeit im Jahr, die ganz mir gehört. Die mir helfen soll, das loszuwerden, was mir schlecht tut und mich belastet. Fasten heißt auf das zu schauen, was mir Kraft gibt und mich stärkt. Kinderleicht und einen Versuch wert.

Sebastian Hohensee
Pastor der Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Sehnde-Rethmar-Haimar

„Glaubenssache – Beiträge und Texte aus Kirche und Religion“ erscheint als Kolumne jeweils sonnabends im Marktspiegel für Burgdorf und Uetze, sowie im Marktspiegel für Lehrte und Sehnde. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kirchen schreiben Beiträge aus ihren Kirchengemeinden, Einrichtungen und Arbeitsfeldern, von ihren Erfahrungen und zu dem, was sie gerade beschäftigt.