Ohrwürmer
Sie kennen Ohrwürmer. Da gab es gestern einen Hit im Autoradio, der sich im Ohr eingenistet hat und Sie summen das Lied vor sich hin. Wie ein Wurm schlängelt sich die Melodie immer wieder nach oben. Vielleicht verbinden Sie eine Erinnerung mit dem Lied. Oder es ist einfach diese besondere Tonfolge, die Ihnen nicht aus dem Sinn geht.
Ich kenne Ohrwürmer auch aus Gottesdiensten. Da gab es so ein schönes Lied am Sonntag, ich habe die vielen Stimmen im Ohr, die um mich herum gesungen haben. Und schon wiederhole ich den ganzen Tag das in mir nachklingende Stück. Das kann bis Dienstag anhalten oder viel länger. Eine Liedzeile oder eine ganze Strophe. Manchmal hält sie Jahre an und ich kann sie auch ganz bewusst wieder hervorholen.
Was da zwischen Kehlkopf, Wangenmuskulatur, Zwerchfell und Erinnerungsbruchstücken hin- und her klingt ist ein kleines Wunder.
Es gibt Gesänge, die uralt sind, aber sie verlieren ihren Schwung nicht. Sie schlängeln sich nach oben und reichen weit. In der Bibel gibt es eine Sammlung von Liedern, die Psalmen. Es waren Gesänge im Tempel und es sind Menschheitsgesänge geworden.
Es ist ein Glück, wenn sie bis ins Innenohr vordringen und es vermögen, die Kammer eines Menschenherzens zu erreichen. In Psalm 31, der am kommenden Sonntag in manchem Gottesdienst zu hören sein wird, lässt sich der Klang von Dankbarkeit, eine große Bitte oder hüpfende Fröhlichkeit hören. Gott entgegen gesungen.
„Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir hilfst … Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte … Du kennst die Not meiner Seele … Du wollest mich aus dem Netz ziehen, dass sie mir heimlich stellen … Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“
Psalmen als Ohrwürmer. Wie sie das schaffen, sich einzunisten und zu wiederholen seit Menschengenerationen, das ist zum Staunen. Gerne helfe ich dabei sie anzubieten. Übrigens kommen sie manchmal groß raus und sind sogar im Radio zu hören
Christine Behler
Pastorin zur Mitarbeit im Ev.-luth. Kirchenkreis Burgdorf