Leonie, Ann und die Nelke
Leonie macht ein Gesicht, als hätte es sieben Tage lang geregnet. Dabei strahlt draußen doch die Sonne! „Was ist denn los?“, frage ich. Leonie schluchzt. „Ich habe immer noch kein Geschenk für Mama. Und morgen ist doch Muttertag.“ Daher weht also der Wind. Geschwind überlegen wir, was sie schenken könnte. Irgendetwas wird uns doch einfallen: Ein Bild malen? Ne, das hat sie im Kindergarten doch schon gemacht. Einen Blumenstrauß kaufen? Ne, ihre Mama ist allergisch. Ein Besuch im Schwimmbad? Ne, sie haben doch schon eine Jahreskarte. Puh, nun bin ich auch etwas ratlos.
„Warum feiern wir überhaupt Muttertag?“, fragt Leonie. Wir schauen im Internet nach. Interessant, der Muttertag wurde in Amerika erfunden. Eine Frau hat sich dafür eingesetzt. Sie hieß Ann Jarvis. Als ihre Mutter verstorben war, organisierte sie einen Gedenkgottesdienst. Damals verteilte sie weiße Nelken – die Lieblingsblumen ihrer Mutter. Bald wurde der Muttertag ein nationaler Feiertag. Eine richtige Erfolgsgeschichte also. Nur für Ann Jarvis nicht: Die war überhaupt nicht froh darüber, dass der Muttertag in ihren Augen immer kommerzieller wurde.
Doch zurück zu Leonie. „Warum möchtest du deiner Mama eigentlich etwas schenken?“, frage ich sie. „Weil sie mir viel bedeutet“, antwortet Leonie: „Sie hört mir immer zu und ist immer für mich da“. Okay. Dann kommt uns doch noch eine Idee: Leonie singt doch in der Schulband. Warum nimmt sie denn nicht für ihre Mama ein Lied auf? „Das mache ich“, ruft sie und stürmt los. Ich bin mir sicher, dass ihre Mama sich darüber freut.
Henrik Heinicke
Pastor der St.-Pankratius-Kirchengemeinde Burgdorf