Wohnt da Gott?
"Andere Länder - andere Sitten" denke ich mir, als ich in der Kathedrale von Sevilla vor dem vergoldeten Hauptaltar stehe. Das Ding erschlägt mich allein optisch schon aus der Ferne. Meine Frau steht fasziniert neben mir, bewundert jedes Detail. Alles ist so riesig, dass wir für den Rundgang eine knappe Stunde brauchen. Wohnt hier Gott?
Platz wäre in dem riesigen Gewölbe wohl. Allein die Sakristei ist größer als manche Kirche in Burgdorf. Unzählige Gebete sind von hier aus an ihn gerichtet worden. Noch mehr aus dem Kirchenschiff - Sonntags, bestimmt aber auch unter der Woche, wenn außerhalb der Mauern das geschäftige Treiben tobt.
"Am siebten Tag ruhte Gott von allen seinen Werken" (1 Mose 2,2) erzählt die Bibel vom ersten Tag des Menschen. In der Ruhe liegt bekanntlich die Kraft. Vor allem, wenn diese Ruhe nun im Sommer wohlverdient im Urlaub stattfindet. Wohnt da Gott? In der Ruhe abseits von allem Tagesgeschäft? Das wäre ein Feierabendgott. Klingt für mich besser als ein Gott der reinen Gewinnorientierung.
Unser Gott ist überall. Ob wir daheim sind oder im Urlaub, spielt keine Rolle. Vielleicht ist es aber manchmal leichter, ihm dann zu begegnen, wenn ein wenig Ruhe eingekehrt ist, eine fremde Kirche als Ausflugsziel lockt. Oder sogar das Angebot der Kirche am Urlaubsort. Manchmal reicht auch einfach der weite Blick von einem Berg oder auf die Wellen am Strand.
Und ich behaupte, er zeigt sich sogar dann, wenn mal wieder ein vergoldeter Hauptaltar bis in den Himmel ragt.
Daniel Lechler
Vikar in der St.-Pankratius-Kirchengemeinde Burgdorf