Wo Güte wächst - mitten im Sandkasten
Neulich auf dem Außengelände: Zwei Kinder streiten sich heftig um ein Schaufelrad. Geschrei, Tränen, kleine Hände, die festhalten, was ihnen „gehört“. Ich will gerade eingreifen, als ein drittes Kind dazukommt, das Ganze kurz beobachtet – und dann einfach sein eigenes Spielzeug anbietet. Ohne Worte. Nur mit einem Blick, der sagt: „Es ist okay. Nimm meins.“
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Röm 12,21) Dieser Satz begleitet mich schon lange, er gefällt mir gut – aber es sind oft die Kinder, die ihn mir wirklich vorleben. Sie streiten, ja. Sie sagen gemeine Dinge, sie tun sich weh. Aber sie verzeihen auch. Ehrlich, schnell, ohne Stolz.
In der Kita sehe ich tagtäglich, wie aus Trotz wieder Nähe wird. Wie Kinder, denen Unrecht geschieht, nicht zurückschlagen, sondern teilen. Wie Tränen getrocknet werden von kleinen Händen, die kurz zuvor noch geschubst haben.
Manchmal frage ich mich, wann wir Erwachsenen diese Fähigkeit verlieren. Dieses tiefe Vertrauen, dass das Gute immer noch möglich ist. Vielleicht liegt genau darin meine Aufgabe: Den Kindern nicht nur Werte beizubringen, sondern mich auch immer wieder von ihnen daran erinnern zu lassen, dass man das Böse mit Guten zu überwinden kann.
Und ich glaube fest: Wo Liebe und Güte sind, da ist Gott mitten unter uns – selbst auf dem Sandkastenboden.
Simone Reuters, Prädikantin im Kirchenkreis Burgdorf