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Mehr als ein Kreuz
Wählen – das klingt nach Freiheit. Wer wählt, nimmt Einfluss. Und kann sich freuen: Wir leben in einem Land, in dem der Wille der Menschen geachtet wird und jede und jeder einzelne eine Stimme hat.
Hannelore Pfeiffer ist 101 Jahre alt und hat noch keine Wahl verpasst. An der ersten freien Bundestagswahl überhaupt hat sie teilgenommen. Sie erinnert sich noch gut an den Wahlkampf damals im August 1949; es ging ja um entscheidende Weichenstellungen.
Und heute? Die Parteienlandschaft ist kompliziert. So mancher findet sich darin nicht wieder oder hat wenig Zutrauen in die Wahlversprechen. Ein Grund, nicht zu wählen?
Wie kostbar ist unsere Wahlfreiheit! Was wäre, wenn wir am 24.2. aufwachten, und alles ist viel schlimmer gekommen als befürchtet? Was sagten wir unseren Enkeln, wenn wir selbst dazu beigetragen hätten, unsere demokratischen Grundrechte zu demontieren?
Mit bangem Blick sehe auf das Erstarken der Rechtspopulisten. In einer Zeit, in der die Globalisierung voranschreitet, in der Orientierung schwerfällt, in der Menschen fliehen und Wege zum Überleben suchen, haben wir die Wahl. Nicht nur unsere Volksvertreterinnen und -vertreter zu wählen. Sondern zu entscheiden: Wie wollen wir leben in diesen Zeiten? Was wollen wir dafür tun?
Prüft alles und behaltet das Gute. Die Jahreslosung sei uns ein Kompass. Was „das Gute“ ist? – Apostel Paulus beantwortet diese Frage mit klaren Anweisungen: tragt die Schwachen, tröstet die Mutlosen, weist die Bösen zurecht, seid dankbar. Setzt Euch für das Leben und für Gerechtigkeit ein.
Was ist das Gute auf dem Wahlzettel? Das prüfe jede und jeder für sich. Eine demokratische Gesellschaft ist mehr als ein Kreuz in der Wahlkabine, aber sie fängt damit an.
(Zum Nachlesen: die Jahreslosung steht in der Bibel im 1. Brief des Paulus an die Tessalonicher 5, 21)
Birgit Hornig
Diakonin in der Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Lehrter Land