Eselsfreude
Er ist grau. Je nach Jahreszeit ist sein Fell glatt oder wollig. Besonders weich sind das ganze Jahr ihre Ohren. Kleine Eselchen, sanft, genügsam und störrisch. Auch wenn man Tieren keine menschlichen Gefühle und Charaktereigenschaften zuschreiben soll. Wenn ich sie sehe, ist mir manchmal so, als steckten sie ihre Köpfe aus den Stalltüren und hielten Ausschau nach jemandem, der schon einmal da war.
Ich finde, Freude ist irgendwie wie ein Esel. Sanft, leise atmend steht sie manchmal neben dir in diesen Zeiten. Abends, wenn die Kinder im Bett sind und du noch einmal nach ihnen schaust. Oder wenn du eine bekannte, liebe Stimme am Telefon hörst, die vertraute Handschrift liest oder über Emojis bei WhatsApp lachst.
Freude ist wie ein sanfter Esel. Sie wärmt dich wollig, auch bei nur wenigen Graden über Null und Nieselregen draußen. Sie ist nah bei dir, auch wenn du traurig bist. Und die Freude ist störrisch. Sie kommt und geht mit dir. Wenn du müde bist, trägt sie dich ein Stück.
In den verbleibenden Wochen mache ich es wie die Esel. Stecke den Kopf aus der Tür und halte Ausschau. Denn ich weiß, die Weihnachtsfreude war schon einmal da. Vor über 200 Jahren. Bei der Geburt des Kindes in Bethlehem. Und ich bin mir sicher, die Freude kommt wieder. Vielleicht anders als ich denke. Aber sie kommt wieder. Ganz bestimmt. Amen.
Sebastian Hohensee
Pastor der Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Sehnde-Rethmar-Haimar