Meine Konfirmation
Wohnzimmer und Schlafzimmer wurden freigeräumt, damit alle zu Hause bewirtet werden konnten. Ein Teil der Sippe war aus Polen angereist. Bei unseren Familienessen bogen sich die Tischbeine. Die kargen Zeiten waren vorbei, daran wurde bei jedem Fest erinnert. Alle sahen sich und erzählten von früher und von morgen. Doppelkorn nach dem Essen, auch nach Kaffee und Kuchen.
Ich ging regelmäßig ins Nebenzimmer. Da stand die Geldkassette. Meine Mutter bläute mir ein, dass ich unbedingt auf die Umschläge schreiben muss, von wem was und wieviel kommt, von wegen der Danksagungen später.
Meine Patentante wollte mir heute vehement erklären, warum sie mir bis jetzt nicht zeigen konnte, dass sie meine Patentante ist. Sie schenkte mir eine Silberkette mit blauem Anhänger, dass ich mich immerzu an sie erinnern kann. Ich wollte am liebsten aus dem Zimmer raus, aber hier stand meine Geldkassette und ich wollte weiter zählen, um mir eine Stereoanlage kaufen zu können.
Onkel Alex war ausgesprochen fröhlich und redselig. Meine Mutter schnitt die Buttercremetorte auf. Einmal das Messer in heißes Wasser tauchen, dann gibt es einen glatten Schnitt. Ein dicker Tupfer Buttercreme auf jedem Stück.
Meine Geschenke: Briefpapier mit Ornamenten am Rand und auf der Innenseite der Briefumschläge. Ein weißes Frotteehandtuch mit dem eingravierten Spitznamen. Ein Reiseschmuckkästchen aus gelbem Kunstleder. Ein goldenes Armband mit einem Sammelanhänger, ein Kleeblatt. Das rote Doppel-Beatlesalbum von meiner Freundin Dani.
Montag war schulfrei. Die Canastarunde meiner Mutter kam zum Kaffee. Ich trug die weiße Jeans mit Schlag, dazu ein Amerika-T-Shirt. Das würde heute kaum noch gehen. Immerzu dachte ich an die Stereoanlage und dass ich einen Tag lang die Hauptperson war. Der Pastor hatte die Hände auf meine fein geföhnte Frisur gelegt. Vorsichtig. Das hat das Fest anders gemacht als andere Feste.
Christine Behler
Springerpastorin im Ev.-luth. Kirchenkreis Burgdorf