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Die Verpflichtung zum Handeln
Die St.-Pankratius-Gemeinde in Burgdorf hat als erste Kirchengemeinde der Landeskirche Hannovers ihr „Starterpaket“ für ein verstärktes Engagement gegen Antisemitismus erhalten. Für Landesbischof Ralf Meister ist dieses Siegel Symbol und Ansporn zugleich, Gemeinden zu stärken, sich für jüdische Menschen einzusetzen.
Engagement von Gemeinden gegen Antisemitismus gebe es schon lange und an vielen Orten, sagte Landesbischof Meister am Donnerstagnachmittag in Burgdorf. „Doch das Gütesiegel „In Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft – Gemeinsam gegen Antisemitismus“ ist noch einmal ein anderes Commitment, eine echte Verpflichtung zum Handeln.“ Burgdorfs St.-Pankratius-Gemeinde ist die erste, die sich in den kommenden drei Jahren besonders um ein solidarisches Miteinander mit jüdischen Menschen einsetzen will: mit Konzerten, Gedenktagen, Filmen und vielem mehr. Erfüllt die Gemeinde die nun auferlegten Ziele, bekommt sie in drei Jahren das Siegel verliehen. Ralf Meister ist als Ideengeber auch Schirmherr des Projekts.
In Burgdorf sagte er: „Kirchen müssen sichere Räume sein und Brücken in die Mitte der Gesellschaft, damit Jüdinnen und Juden ein sicheres, selbstbewusstes Leben führen können. Es ist in all der Niedergeschlagenheit, die uns angesichts vieler Nachrichten derzeit begleitet, ein wirklich positives Zeichen.“
Sabine Preuschoff, Superintendentin des Kirchenkreises Burgdorf, sagte: „Elon Musk zeigt auf großer Weltbühne den Hitlergruß. Und hierzulande wird diskutiert, dass das doch nur „ein Versehen“ oder „nicht so gemeint“ war. Das ist nur eine Nachricht, die zeigt, dass es leider eine klare Notwendigkeit gibt, sich gegen Antisemitismus zu wehren.“ „Den Dialog mit jüdischen Menschen stärken, für Antisemitismus sensibilisieren, das sind die Ziele des Siegels, um das sich auch die Gemeinden in Burgdorf bewerben.“
Per schriftlichem Statement ließ die erkrankte Marina Jalowaja, Vizepräsidentin des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, ausrichten, jüdische Gemeinden spürten einen deutlichen Anstieg von Angriffen, verbal wie in Taten. Es gebe ein Klima der Unsicherheit. Antisemitismus werde von vielen als alltägliche Bedrohung wahrgenommen. Sie erwarte von der Landeskirche ein aktives Engagement und eine klare Stellungnahme der Solidarität. Sie hoffe, dass durch das Projekt Brücken gebaut würden, die auch über dessen Zeitraum hinaus Zusammenarbeit schaffe.
Dafür gibt es von der Landeskirche Hilfestellungen für die Gemeinden: Dr. Ursula Rudnick, Beauftragte für Kirche und Judentum in der Service Agentur der Landeskirche, übergab ein großes Paket mit Materialien, Arbeitshilfen, Projektideen und mehr. „Wann ist denn Purim und welche Anlässe kann man in Gottesdiensten aufgreifen? Hier finden sich jede Menge Anregungen.“ Den Kontakt für Fragen in die Service Agentur oder zum Verein „Begegnung Christen und Juden Niedersachsen“ stehe ohnehin allen beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitenden mit Interesse offen.
Und wie sehen die Planungen der St.-Pankratius-Gemeinde nun aus? Pastorin Friederike Grote beschrieb gleich einen großen Blumenstrauß an Ideen: „Wir haben zum Beispiel schon Stolperstein-Führungen mit Schülerinnen und Schülern organisiert und tun das weiter. Es werden Filme gezeigt, die sich mit der Geschichte auseinandersetzen, und es wird ein Konzert geben, bei der Musik aus Konzentrationslagern zu hören ist. Bei all diesen Veranstaltungen ist uns immer wichtig, die Teilnehmenden zu fragen: Wie ist Eure Situation, was nehmt Ihr wahr? Und darüber in Austausch zu kommen. Auch eine Fahrt nach Hameln mit einem Besuch der Synagoge ist in Planung, da wir hier vor Ort leider keine aktive jüdische Gemeinde haben.“ Die Kirche sei auch Teil des neuen zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Burgdorf ist bunt“ und wollte sich ins städtische Leben einbringen. „Es ist unerträglich“, so Grote, „wenn Menschen in Angst leben.“
Christine Warnecke/EMA